Momentan bewegt die Isi- Welt ein großes Thema: Wann beginnt man damit ein Pferd anzureiten?
Was jahrzentelang völlig klar erschien, dass das Islandpferd ein Spätentwickler ist und somit auch erst mit 5 Jahren angeritten werden sollte, wird auf einmal in Frage gestellt.
Namenhafte Züchter nund Höfe stehen auf einmal öffentlich dazu, dass sie bereits ihre 3jährigen Pferde anreiten und dass sie damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben.
Stellt sich die Frage was stimmt denn nun?
Tatsächlich bemühen die Befürworter des frühen Anreitens hauptsächlich 3 Argumente:
1. Eine Studie die besagt, dass die Epiphysenfugen beim Islandpferd durchschnittlich mit spätestens 3,5 Jahren geschlossen sind und damit das knöcherne Skelett der reiterlichen Belastung gewachsen ist. Die Studie könnt ihr hier selbst nachlesen: http://www.actavetscand.com/content/49/1/19
2. Das Argument die Zeit zu benötigen, um die Pferde langsam und sorgfältig auf die FIZO-Prüfungen mit 5 Jahren vorbereiten zu können.
3. Das Argumnt, dass es bei manchen Pferden mit schwierigen Charakter notwendig sei, sie so früh anzureiten, da sie mit 5 Jahren sonst zu dominant wären.
Sehen wir uns die Argumente dochmal ein wenig genauer an.
Beginnen wir mit der Studie. Die Studie bezieht sich auf eine Zahl von 64 Islandpferden, was meiner Meinung nach, letztendlich viel zu wenig ist, um eine wirklich fundierte Aussage zu machen auf die ganze Rasse bezogen, schließlich leben allein in Deutschland schon über 65 000 Islandpferde.
Doch nicht nur durch die Zahl der Propanden relativiert sich die Studie schnell, auch das Fehlen einer Signifikanz führt dazu, dass keine Aussagen darüber getroffen werden können, wie groß letztendlich die individuellen Unterschiede zwischen den einzelnen Pferden waren. Sehen wir es z.B. so, was nützt es dem Pferd dessen Wachstumsfugen sich beispielsweise erst mit 5 oder 6 Jahren schließen, dass die Wachstumsfugen beim durchschnittlichen islandpferd schon mit 3,5 Jahren geschlossen sind?
Dieses Pferd wäre der Belastung jedenfalls nicht gewachsen. Und Hand aufs Herz, wer röngt sein Pferd schon, bevor er mit der Ausbildung beginnt, nur um zuschauen, ob die Epiphysenfugen denn jetzt schon geschlossen sind?
Ein weiteres Problem der Studie ist, dass sie die extrem unterschiedlichen Aufzuchtsbedingungen, denen unsere Jungpferde heute unterliegen, nicht berücksichtigen kann.
Manch ein Jungpferd steht von Beginn seines Lebens an nur auf dem Paddock, andere haben hektargroße Weiden, manche bekommen Futter ad libidum, andere nicht, wiederum bekommen einige täglich Mineralfutter, andere haben nur eine Lesckschale auf der Weide stehen. Dies sind aber alles faktoren, die die Entwicklung des Skelettsystems deutlich beeinflussen.
Eine allgemeine Aussage, dass ein Islandpferd also rein körperlich schon mit 3,5 Jahren in der Lage ist ein Reitergewicht zu tragen, lässt sich also auch durch diese Studie nicht treffen.
Desweiteren ist es ja auch so, dass nicht nur allein die körperliche Entwicklung über den Zeitpunkt des Anreitens bestimmen sollte sondern auch und vorallem die physische Entwicklung.
Meiner Erfahrung nach sind 3jährige Pferde kaum in der Lage sich länger als 10 – 15 Minuten am Stück zu konzentrieren, was für richtige Arbeit mit dem Pferd einfach zu kurz ist.
Was nützt es mir also, wenn mein Pferd rein körperlich in der Lage ist mich zu tragen, wenn es einfach noch nicht versteht, was ich eigentlich von ihm möchte?
Aus Überforderung heraus entsteht immer Frustration. Wollen wir wirklich Pferde die vom Reiten frustriert sind, einfach nur ihr Programm abspulen, aber nicht mit dem Herzen dabei sind? Oder wollen wir Pferde die Spaß an der Arbeit haben, die fleißig und motiviert sind und die sich ihr Funkeln in den Augen bewahrt haben?
Kommen wir zu Argument 2.
„Wir brauchen Zeit um unsere Pferde sorgfältig auf die FIZO-Prüfungen vorzubereiten“ Unsere Profis brauchen also 2 jahre, um ihre Pferde auf die FIZO-Prüfungen vorzubereiten, an sich ja kein schlechter Gedanke, dem Pferd mehr Zeit zu lassen und es dafür sorgfältiger auszubilden, doch stimmt das in der Realität auch so?
In fast allen Ländern, außer Deutschland, ist es erlaubt bereits 4jährige Pferde vorzustellen. Nehmen wir an, dass auch die Profireiter in diesen Ländern nicht auf dem Wasser wandeln können und so ihre Pferde auch auf die Prüfungen vorbereiten müssen, fangen diese Reiter dann schon an das Pferd mit 2 Jahren zu reiten?
Und unsere Zuchtwartin des IPZV, die ihren Hengst extra nach Dänemark gebracht hat, um ihn dort bereits 4jährig prüfen lassen zu können, hat die dann acuh schon angefangen ihn mit 2 Jahren auszubilden?
Und überhaupt, wer zwnigt denn die Profis dazu die Pferde schon 5jährig vorzustellen? Ich für meinen Teil hätte kein Problem damit, wenn die Profis ihre Pferde erst 6 oder gar 7jährig vorstellen würden.
Ich habe nämlich immer öfter das Gefühl, dass auch die 5 Jährigen mit der FIZO oftmals noch überfordert sind. Selten sieht man harmonische, in korrekter Anlehnung laufende, ruhige Pferde.
Was man allerdings sieht sind sperrende, gegen die starre Reiterhand gehende, „wegrennende“ Pferde, mit den abenteuerlichsten Gebiss- und Sperrhalfterkonstruktionen, damit die Pferde ja den Mund nicht aufreßen können.
Warum ist z.B. die Islandkandare im Sport verboten, bei Zuchtprüfungen aber noch erlaubt?
Sind die 5 Jährigen alle so heiß und gefährlich, dass man sie nur so gestoppt bekommt?
Ich jedenfalls würde mich mal über mehr feine Reiterei, auch bei Zuchtprüfungen, freuen. Braucht man dafür länger Zeit, warum lässt man sie den Pferden nicht? Müssen wir den „schlechten“ Vorbildern aus dem Ausland hinterherlaufen?
Oder können wir auch mal mit gutem Beispiel vorangehen?
Argument 3: Manche Pferde mit schwierigen Charakter muss man so früh arbeiten, weil sie sonst mit 5 zu dominant wären.
Ich weiß gar nicht so recht, was ich dazu eigentlich sagen soll…
Werben wir nicht damit, dass unsere Islandpferde einen so tollen und eifachen Charakter haben?
Und gibt es denn fast nur noch Pferde mit schwierigen Charakter, zumindest bei manchen Züchtern? Schließlich werden dort doch fast alle Pferde mit 3 eingeritten?
Und irgendwie hat dieses Argument, zumindest für mich, ein wenig was von „brechen“. Man will das Pferd seinem Willen „unterwerfen“, so klingt es jedenfalls in meinen Ohren.
Das soll jetzt nicht heißen, dass ich dafür plädiere alle Islandpferde bis 5 Jahre komplett roh auf der Weide „versauern“ zu lassen. Im Gegenteil, ich bin durchaus der Meinung, dass ein Pferd eine gewisse Grunderziehung benötigt, mit der man schon im Fohlenalter beginnen sollte.
Dinge wie Halftern, Führen, Anbinden, Putzen und Hufe geben, sollte jedes Pferd beherrschen, einfach damit der Umgang mit ihm erleichtert ist. Auch Hänger fahren und sich dem Menschen unterzuordnen gehört dazu. Wenn ich es will, hat mir das Pferd zu weichen.
Aber al dies sind Dinge, die ein Pferd in wenigen sehr kurzen Einheiten lernen kann.
Kann es dies, ist es eine gute Grundlage für die spätere Bodenarbeit und schließlich das Reiten.
Allerdings möchte ich auch, das meine Pferde motiviert sind mit mir zu arbeiten, ich möchte, dass sie mitdenken und verstehen was ich von ihnen will und ich möchte ein Pferd, was aufgrund seiner physischen und psychischen Kondition viele Jahre ein treuer Freizeitpartner ist.
Und ich bin der festen Überzeugung, dass dies nur mit einem Pferd erreichbar ist, dass physisch und psyisch ausreifen konnte.
Ich jedenfalls stehe dazu, dass meine Pferde erst in ihrem 5 Winter angeritten werden. Ich freue mich also drauf mit meinen 2008er Mädels nächsten Winter zu beginnen und hoffe, dass sie es mir durch gute Leistungen danken werden 🙂